Im Interview mit Thomas Landwehr: Fünfzig und jetzt ins Interim Management – ist das was für mich?
Mit dem Karriere-Coach Thomas Landwehr besprechen wir, welche Optionen man gegen Ende seiner Karriere hat – und ob das schon das Ende sein muss. Oder ob der Einstieg ins Interim Management ein attraktiver Weg für Selbstverwirklichung sein kann.
In welcher Situation sind Mitarbeiter um 55, was sind die typischen Fragen und Herausforderungen in diesem Alter?
Mit 50plus kommt es häufig zu Umbrüchen im Leben – privat und beruflich. Manche nennen es Late Career Crisis. Dies kann gewollt geschehen durch eine veränderte Lebenssituation oder ungewollt durch einen Jobverlust.
Wenn es insbesondere in Konzernen zum Umbau des Unternehmens kommt, sind es häufig die 50plus-Manager, die ein entsprechendes Angebot für einen Aufhebungsvertrag bekommen. Ob das sinnvoll ist aus Unternehmenssicht, darüber kann man streiten, noch aber ist es eine geübte Praxis. Manche streben die vorzeitige Rente an. Die meisten haben aber durchaus Lust noch weiterzuarbeiten.
Weiter arbeiten ja. Aber nicht so wie bisher.
Treiber ist häufig der Wunsch nach mehr Selbstbestimmtheit oder mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Gleichzeitig können die Menschen in diesem Alter auf umfassende Erfahrungen und vielfältige Kompetenzen zurückgreifen. Auch die finanzielle Situation ist häufig entspannter: der Vermögensaufbau ist vorangeschritten, das Haus vielleicht schon abbezahlt, die Kinder aus dem Haus.
Diese Flexibilität ist eine ideale Voraussetzung für die Rolle eines Interim Manager. Aus diesem Grunde wird ein Rollenwechsel besonders häufig geprüft. Aber es besteht auch gleichzeitig ein großer Respekt vor dieser neuen Rolle. Es ist eben ein unbekanntes Gebiet und sich selbst zu vermarkten lernt man nicht in Konzernen.
Für wen ist Interim Management das Richtige und was kann man erwarten?
Ob das Interimsmanagement das richtige für mich ist, hängt von meiner Persönlichkeit, von meiner Haltung, aber auch von meinem Angebot und dem Bedarf im Zielmarkt ab. Im Grunde müssen folgende 3 Fragen positiv beantwortet werden:
Wer bin ich, was motiviert mich,
welche Probleme löse ich und für wen?
Erst wenn ich hierfür klare Antworten gefunden habe, kann ich starten. Und das Wichtigste ist natürlich die persönliche Motivation. Ich habe Lust auf diese neue Rolle und die Bereitschaft, die Komfortzone zu verlassen.
Wenn ich mich dafür entscheide, handelt es sich um eine Transformation. Ich darf mir eine neue Rolle, ein neues Selbstverständnis, eine neue Identifikation erarbeiten. Das kann dauern. Und natürlich gehen die ersten Schritte nicht ohne Kompromissbereitschaft. Wahrscheinlich wird das erste Mandate nicht gleich die ideale Aufgabe und das Spitzen Honorar darstellen. Aber wenn der Durchbruch geschafft ist, Reputation und ein Netzwerk aufgebaut sind, hat man eine neue Arbeits- und Lebensform gefunden, die viel Flexibilität bringt und auch finanzielle Attraktivität.
Wie gelingt der Einstieg ins Interim Management und in welchem Modus arbeitet man?
Die Selbstverwirklichung eines Interims Managers funktioniert am besten über die Spezialisierung. Den Unternehmen / Kunden geht es immer um ein konkretes Problem, eine konkrete Situation und wie man damit umgeht. Es macht für einen angehenden Interim Manager also viel Sinn, sich die Frage zu stellen: Welche Probleme oder Situationen habe ich in meinem Berufsleben bereits erfolgreich gelöst – idealerweise mehrfach. Gefolgt von der Frage, welche Unternehmen genau diese Herausforderung haben. Generalistische Erfahrungen und Kompetenzen lassen sich schwer vermarkten:
Das Konkrete schlägt das Allgemeine.
Von einem Interimsmanager wird erwartet, dass er vom ersten Tag an wirksam wird. Eine Einarbeitung ist nicht vorgesehen. Wichtig ist es, sich deutlich zu machen, dass es gilt, sich eine neue Identität und ein neues Selbstverständnis zu erarbeiten.
Das Motto lautet:
Vom Unternehmensbewohner zum Lebensunternehmer.
Und das Thema Selbstvermarktung wird zum Dauerthema. Die Herausforderung ist häufig: Wenn ich im Projekt bin, habe ich keine Zeit zu akquirieren und wenn ich akquiriere, dauert es, bis das neue Projekt da ist. Diesen Spagat gilt es zu organisieren. Übrigens ist die Akquisition das Thema was die meisten Interim Manager als anstrengend empfinden, weil sie hierin nicht ausreichend geübt sind. Hier gilt es, sich entsprechende Vertriebskanäle und Vermarktungsstrategien aufzubauen.
Am erfolgreichsten sind die Interim Manager, die entschieden sind. Damit meine ich, dass sie diese Rolle auch wirklich wollen und bereits sind, zu investieren: in Zeit, in finanziellen Zugeständnissen, in Kompetenzaufbau. Bereit sind, Risiken, Unsicherheit und Unplanbarkeit auszuhalten – Unternehmertum eben. Häufig kommen Klienten zu mir mit der Aussage: Jetzt probiere ich eine Festanstellung zu bekommen. Und wenn das nicht klappt, dann werde ich Interim Manager. Das funktioniert in der Regel nicht.
Ressourcen, Links und Empfehlungen
- Online-Sichtbarkeit für Interim Manager (Gastbeitrag von Holger Ahrens)
daskarrieresystem.de/online-sichtbarkeit-fuer-interim-manager/